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die Verhältnisse auf dem Meer zulassen, vor Anker zu
gehen und an den erwähnten Stränden zu baden, oder
aber, falls es wegen der stärker blasenden Bora zu kalt
wird, in den Schutz der Punta zurückzukehren. Nur
unerfahrene Nautiker versuchen ihren Mut zu
beweisen, indemsie der Bora Trotz bietenwollen.
Übrigens, falls wir bisher Košljun nicht besucht haben,
gibt es jetzt keine Ausreden mehr. Seien Sie überzeugt,
Košljun hat es verdient. Obwohl es nicht Sinn und
Zweck dieses Führers ist, den Nautikern das Kulturgut
der Inselwelt des Kvarner vor Augen zu führen, verdient
die Eigenartigkeit und Beständigkeit dieser kleinen
Insel auch bei dieser Gelegenheit Erwähnung.
Nach der Überlieferung war dort, wo heute das Meer in
der Puntarska draga reicht, einst fruchtbares Land. Die
Besitzer dieser Felder waren Brüder, von denen jedoch
der jüngere blind war. Im Herbst, als die Früchte der
schweren Arbeit aufgeteilt werden sollten, betrog der
ältere Bruder den jüngeren. Nach dem Muster der
Märchen der Gebrüder Grimm war der Himmel
darüber so erzürnt, dass er das Unrecht wieder
gutmachen wollte und den älteren Brüder schwer
bestrafte. In Draga trat nämlich das Meer über die Ufer,
wobei der ältere Bruder ertrank und der Besitz der
Brüder überschwemmt wurde. Nur der jüngere, blinde
Bruder blieb auf einer Anhöhe verschont. Heute heißt
diese vom Meer umgebene Anhöhe, die den
Jahrhunderten (zum Teil auch wegen des ruhigen
Gewissens) widerstand, Košljun.
In Košljun wird ein Steinkapitell aus dem VIII.
Jahrhundert aufbewahrt. Im XII. Jahrhundert wurde
hier eine Benediktinerabtei gegründet und im XV.
Jahrhundert wurde die Insel von den Franziskanern
übernommen. Die Franziskanerkirche Mariä Verkün-
digung wurde im Jahre 1523 errichtet. Das Kloster
besitzt ein Archiv und eine Bibliothek mit Inkunabeln.
Für die Nautiker ist ein Exemplar des Ptolemäischen
Atlas interessant, der zwischen 1565 und 1570 in Vene-
dig gedruckt worden war. Wenn Sie die Bora zur rech-
ten Zeit von einer Fortsetzung der Reise abgebracht
hat, werden Sie jetzt vielleicht einem der Konzerte
beiwohnen, die im Kloster veranstaltet werden. Es
muss nicht besonders betont werden, dass viele der
erhaltenen Schriften inGlagoliza geschrieben sind.
Košljun
Stara Baška