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natürlich, dass man mit der nautischen Karte
umzugehen weiß. Wenn dies nicht der Fall ist, ist es
bereits gefährlich, auf das Meer hinauszufahren,
geschweige denn zu versuchen, irgendwohin zu
gelangen.
Das Einfahren in die Kvarner-Bucht aus der Richtung
Pomer wird im Falle einer starken Bora oder eines
ebensolchen Jugo bedeutend erschwert. Beide Winde
erzeugen große Wellen, und demjenigen, der die
Bewegungsrichtung der Meeresströmungen nicht
kennt, kann auch die eigene Bewegung zu einem
Rätsel werden. Unerfahrenen Nautikern empfehlen
wir daher, in beiden Fällen den sicheren Hafen in Pula
anzulaufen.
Müssten wir uns dennoch entscheiden, welcher Wind
hier unangenehmer ist (denn die Winde an und für
sich sind nicht gefährlich), würden wir uns trotzdem
für die Bora entscheiden. Die Wellen des Jugo, so stark
er auch sein möge, werden uns nämlich immer die
Möglichkeit einer Wahl lassen: die Rückkehr in eine
der sicheren Buchten Istriens oder der Versuch, sich zu
einem Teil des Kvarner durchzukämpfen, der vor dem
Jugo geschützt ist. Zum Unterschied vom Jugo, drängt
uns die Bora aus dem Kvarner hinaus. Die Adria ist
kein so großes Meer, dass wir uns nicht zum Anlegen
an einer benachbarten Küste wie es die italienische ist,
entschließen könnten. Nach siebzigMeilen, die unsere
Küste von der italienischen trennt, wird die Bora sicher
ihre Kraft verlieren.
Die Starrsinnigeren oder Diejenigen, die aus
irgendeinem Grund die Durchquerung des Kvarner
nicht verschieben können, erinnern wir daran, dass es
bis zum ersten sicheren Zufluchtsort auf der Insel
Unije etwa fünfzehn Meilen sind. Motorboote werden
auf diesem Kurs die Wellen der Bora nur schwer
ertragen, da sie fast genau von der Seite kommen.
Segelboote werden streng gegen den Wind segeln und
den Kurs mit einigen Manövern wieder ausrichten
müssen. Irgendwo in der Mitte des Kvarner wird die
Bora den Seglern aus einer günstigeren Richtung zu
blasen beginnen und wenn wir schließlich hinter der
Insel Unije Zuflucht gefunden haben, wird die
Besatzung sicher darin übereinstimmen, auf der Insel
Unije Halt zumachen und sich gut auszuruhen.
Jetzt ist Gelegenheit dazu, etwas mehr über diese
bekannten Unwetter in der Kvarner-Bucht zu erfahren.
Aus der Richtung Pomer steht uns nämlich der
offenste Teil des Kvarner bevor. Die zwanzigMeilen, die
vor uns liegen, reichen aus, dass uns ein sommerliches
Unwetter überrascht.
Es gibt verschiedene Volksweisheiten darüber, wie man
sich auf dem Meer bei Unwettern verhalten soll. Aber
obwohl wir am Beginn dieses Führers für Nautiker
gesagt haben, wie sehr wir die hundertjährige
Erfahrung der hiesigen Seeleute schätzen, ist
nunmehr der Augenblick gekommen, zu sagen, dass
sich die Zeiten geändert haben und einige
Erfahrungen auf modernen Booten und Schiffen
nicht mehr anwendbar sind.
Vor allem muss gesagt werden, dass Überraschungen
heute viel seltener sind, da die Meteorologie einen
beneidenswerten Grad an Genauigkeit erzielt hat. Die
Zeichen eines aufziehenden Unwetters sind ebenfalls
gut erkennbar. Die hohen Haufenwolken (Kumulus)